Die Behandlung
Was ist Psychotherapie?
Psychotherapie ist die Behandlung seelischer, körperlicher und körperlich-seelischer (=psycho-somatischer) Störungen mit psychischen Mitteln.
Wenn Menschen in eine Krise geraten, kann es sein, dass die üblichen Bewältigungsstrategien nicht mehr ausreichen oder sogar kontraproduktiv sind und neue Wege gemeinsam mit einer neutralen, geschulten Person gesucht werden sollten.
Auf der Grundlage einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Therapeut und Patient wird mit verschiedenen psychotherapeutischen Techniken gemeinsam daran gearbeitet, dass Symptome sich zurückbilden, das Selbstwertgefühl steigt, Lebensfreude und Entscheidungsfreiheit wachsen, Konflikte gelöst und befriedigende Beziehungen gelebt werden können.
Drei Richtungen von Psychotherapie gelten in Deutschland als sogenannte Richtlinienverfahren, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist und die daher von den Krankenversicherungen bezahlt werden.
Verhaltenstheraphie
Die Verhaltenstherapie ist eine lösungungsorientierte Therapiemethode, die das aktuelle Verhalten in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Symptombildung wird als unzweckmäßiges Lernen verstanden, das in der Behandlung korrigiert wird. Erwünschtes Verhalten wird trainiert. Die Therapie konzentriert sich auf das "Hier und Jetzt".
Psychoanalyse
Psychoanalyse betrachtet das aktuelle Symptom als Folge eines unbewussten, frühkindlichen Konfliktes oder Traumas. Obwohl auch in der Analyse die aktuelle Situation besprochen wird, steht doch der Rückbezug auf die Gefühle der Kindheit im Zentrum, um über das Verstehen und Durcharbeiten der Ursachen das Symptom überflüssig zu machen. Der Therapeut tritt sehr stark in den Hintergrund, um dem Patienten einen möglichst großen Raum für das Erleben der eigenen Gefühlswelt zu eröffnen. Diese Therapieform geht am stärksten in die Tiefe und dauert am längsten. Die Behandlung findet in der Regel mehrmals wöchentlich im Liegen statt.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (=Tiefenpsychologie) leitet sich von den theoretischen Grundlagen der Psychoanalyse ab und arbeitet mit ähnlichen Mitteln. Der Therapeut verhält sich jedoch aktiver, das Therapieziel ist stärker eingegrenzt, die Therapiedauer kürzer. Die Sitzungen finden in der Regel einmal wöchentlich im Sitzen statt. Das Verstehen und Annehmen der eigenen Geschichte, das Erkennen und Benennen der eigenen Gefühle und Wünsche sind dabei ebenso bedeutsam wie Stärkung des Selbstwertgefühls.
Entspannungsverfahren
Zusätzlich zu den o. g. Psychotherapieverfahren kann das Erlernen eines Entspannungsverfahrens wie Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson als Basispsychotherapie oder Ergänzung zu einer Richtlinienpsychotherapie verstanden werden.
Autogenes Training ist ein Entspannungsverfahren, das durch regelmäßige Übung ("Training") erlernt wird und bei dem durch Übung und Konzentration eine Möglichkeit geschaffen wird, sich ohne jedes Hilfsmittel, nur aus sich selbst heraus (="autogen") von Anspannung und Stress zu lösen. Dabei spielt die gegenseitige Beeinflussung von Körper und Seele eine entscheidende Rolle. Daher ist diese Technik auch besonders gut bei psychosomatischen Beschwerden wie Magengeschwüren, Muskelverspannungen, Kopfschmerzen, Verdauungsproblemen, Schlafstörungen und ähnlichem geeignet.
Die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson ist schneller zu erlernen und eignet sich besonders gut zum Einsatz bei muskulären Verspannungen.
Das Erlernen eines Entspannungsverfahrens bei einem dafür zugelassenen Therapeuten wird von der Krankenkasse bezahlt.
Welches Verfahren ist für wen geeignet?
Die Entscheidung für eine der oben beschriebenen Therapieformen kann nicht allein anhand der Krankheitssymptome getroffen werden. Ebenso bedeutsam sind Persönlichkeit und Lebensgeschichte des Menschen, der psychotherapeutische Hilfe sucht. Im persönlichen Kontakt zwischen Patient und Therapeut kann im Rahmen eines Erstgespräches die individuell am besten passende Therapiemethode ermittelt werden.
Wem hilft Psychotherapie?
Wenn ein Mensch von sich aus den Eindruck hat, dass eine Psychotherapie für seine Beschwerden hilfreich sein könnte, so ist diese Hoffnung meistens berechtigt. Schwieriger ist es, wenn ein anderer (Partner, Freund, Arzt) die Empfehlung zur Psychotherapie ausspricht. Dies ist häufig dann der Fall, wenn entweder zwischenmenschliche Konflikte oder körperliche Beschwerden im Vordergrund der Symptomatik stehen und ein direkter Bezug zu seelischen Faktoren erst einmal nicht so leicht zu erkennen ist.
Die folgende alphabetische Auflistung benennt verschiedene Erkrankungen, bei denen die Psychotherapie helfen kann:
- Ängste (zum Beispiel Panikattacken, Herzangst, Krebsangst, Verlustangst, Platzangst, Prüfungsangst, Kontaktangst, Flugangst, Sexualangst, Phobien
- Beziehungskonflikte
- sog. Burnout durch berufliche Überlastung und Konflikte am Arbeitsplatz
- Depression, Trauer- und Verlustreaktionen
- Essstörungen (Magersucht, Übergewicht, Bulimie)
- Krebserkrankung (für Patienten und Angehörige)
- Missbrauch
- Persönlichkeitsstörungen
- Posttraumatische Belastungsreaktion (nach schwerem Unfall, Naturkatastrophe, Krieg, Flucht, Vergewaltigung)
- Psychosomatische Krankheiten (zum Beispiel Magengeschwür, Neurodermitis, Hyperventilationssyndrom, Asthma, Fibromyalgie, Schmerzsyndrome)
- Schlafstörungen
- Schwere oder chronische Krankheit (zum Beispiel Krebs, AIDS, Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa),MS, Herzinfarkt, Dialyse, Transplantation)
- Sexuelle Störungen
- Sucht (zum Beispiel Alkohol, Nikotin, Tabletten, Drogen)
- Unerfüllter Kinderwunsch mit und ohne organische Ursachen
- Wechseljahresbeschwerden
- Zwangsstörungen (Zwangsgedanken, Zwangshandlungen, Zwangsimpulse)
Psychoonkologie
Bei einer Krebserkrankung werden sowohl der Patient als auch seine Angehörigen oft von einem Tag auf den anderen aus dem "normalen Leben" herausgerissen. Nach einer oft langwierigen und belastenden Behandlungsphase folgt dann die Phase der Nachsorge, in der umgegangen werden muss mit eventuellen Einschränkungen und Sorgen. Auch für den Fall, dass keine Heilung mehr erzielt werden kann, kann eine psychoonkologische Begleitung entlastend und stützend sein.